Aktien vererben: Wenn das Depot Generationen überdauern soll

Aktien vererben und verschenken: Warum rechtzeitige Planung wichtig ist – und welche steuerlichen sowie familiären Stolpersteine Anleger kennen sollten
Erschienen im Standard, im Mai 2025

Geldanlage wird in Österreich immer beliebter – und mit ihr die Frage: Was passiert mit meinem Depot, wenn ich nicht mehr bin?

Laut dem aktuellen Aktienbarometer 2025, einer Studie von der Wiener Börse, der Industriellenvereinigung und dem Aktienforum, besitzen mittlerweile 2,3 Millionen Menschen in Österreich Wertpapiere, darunter Aktien, Anleihen, ETFs oder Investmentfonds. Das entspricht rund 30 Prozent der Bevölkerung – ein historischer Höchstwert. Besonders bemerkenswert: Rund die Hälfte dieser Anlegerinnen und Anleger verdient weniger als 3.000 Euro brutto im Monat. Wertpapierveranlagung ist also längst kein Elitenthema mehr.

Vermögen aufbauen und weitergeben

Der Gedanke, Kapital für die spätere Pension aufzubauen, ist nicht neu. Doch viele fragen sich: Was passiert mit meinem Depot, wenn ich sterbe? Und: Kann ich mein Vermögen schon zu Lebzeiten steuerfrei übertragen?

Die Antwort: In Österreich gibt es weder eine Erbschafts- noch eine Schenkungssteuer. Das bedeutet: Wer ein Wertpapierdepot vererbt oder verschenkt, muss – abgesehen von Meldepflichten – (vorerst) keine Steuerbelastung fürchten. Doch das heißt nicht, dass Vermögensübertragungen immer steuerlich folgenlos bleiben. Dies vor allem, wenn die Wertpapiere in der Folge veräußert werden.

Vererben von Wertpapieren

Wertpapierdepots gelten, wie Immobilien oder Sparkonten, als Teil des Vermögens und gehen im Erbfall an die rechtmäßigen Erben über. Eine Aufteilung ist dabei oft nicht ohne Weiteres möglich: Für Verkäufe oder Umschichtungen müssen alle Erben gemeinsam entscheiden. Das kann zu Konflikten führen, vor allem bei Erbengemeinschaften.

Ein klar abgegrenztes Depot lässt sich jedoch auch gezielt weitergeben – etwa über ein Testament. Der Bestand wird dabei zum Kurswert am Todestag bewertet und kann auf den neuen Eigentümer übertragen werden. Innerhalb Österreichs verläuft dieser Prozess in der Regel KESt-frei und ohne großen Aufwand.

Schenken statt warten?

Viele denken auch schon zu Lebzeiten ans “Weitergeben” – etwa an Kinder, Enkel oder enge Freunde. Dies ist in Österreich steuerfrei und frei von gewissen Meldeplichten, solange gewisse Grenzen nicht überschritten werden:

Wenn man Wertpapiere zu Lebzeiten verschenken möchte, gilt in Österreich eine Meldepflicht ab bestimmten Wertgrenzen. Bei Schenkungen an nahe Angehörige besteht diese Meldepflicht ab einem Wert von 50.000 Euro, während bei Übertragungen an Nicht-Verwandte bereits ab 15.000 Euro eine Meldung erforderlich ist. Dies bedeutet jedoch lediglich, dass man die Schenkung dem Finanzamt mitteilen muss. Steuern fallen auf die Übertragung selbst nicht an. Die entsprechende Meldung muss innerhalb von drei Monaten nach der Schenkung erfolgen. Erst bei unterlassener Meldung drohen Geldstrafen, nicht aber wegen der Schenkung selbst. Auch das jeweilige Finanzinstitut ist zu informieren. Nur so lässt sich eine ungewollte KESt-Pflicht vermeiden, denn ein ungekennzeichneter Depotübertrag könnte sonst als Verkauf mit 27,5 Prozent KESt auf Kursgewinne gewertet werden.

Das frühzeitige Übertragen von Wertpapieren bietet mehrere Vorteile. Einerseits kann man selbst miterleben, wie Nachkommen mit dem Vermögen umgehen und sie dabei beraten. Andererseits vermeidet man potenzielle Streitigkeiten unter den Erben nach dem Ableben. Ein weiterer Pluspunkt: Durch gestaffelte Schenkungen über mehrere Jahre können die Meldegrenzen optimal genutzt werden. So könnte ein Elternteil etwa jährlich Aktien im Wert von 49.000 Euro an ein Kind übertragen, ohne dass eine Meldepflicht entsteht. Die Einhaltung dieser Meldegrenzen ist vor allem eine Frage der Verwaltungsvereinfachung, nicht der Steuervermeidung. Wer größere Beträge auf einmal überträgt, muss die Schenkung lediglich fristgerecht melden; steuerliche Nachteile entstehen dadurch nicht.

Eine interessante Variante ist das Fruchtgenussrecht. Damit kann das Eigentum am Depot bereits übertragen werden – etwa an den Sohn – die Erträge (Dividenden, Zinsen) bleiben aber beim Schenker. Das Modell ist aus der Immobilienwelt bekannt, birgt bei Wertpapieren allerdings gewisse Unsicherheiten: Wertpapiere bringen keine garantiert planbaren Erträge. Mal läuft’s gut, mal weniger. Auch Streitigkeiten über die Verwaltung des Depots sind nicht ausgeschlossen – vor allem, wenn eine Partei verkaufen will, die andere aber nicht.

Das Fruchtgenussrecht lässt sich zeitlich befristen, etwa bis zum Pensionsantritt oder für zehn Jahre. Aber: Wer auf Nummer sicher gehen will, sollte alle Regelungen festhalten und regelmäßig überprüfen.

Denken in Generationen lohnt sich

Wertpapiere sind längst keine kurzfristige Spekulation mehr – sie haben sich als Bestandteil einer durchdachten Vorsorgestrategie etabliert. Wer früh beginnt, profitiert später bei Pensionsantritt und sorgt vor. Doch bei der Weitergabe des Vermögens sollten einige kritische Aspekte bedacht werden.

Steuerliche Risiken: Obwohl es aktuell keine Erbschafts- oder Schenkungssteuer gibt, könnten sich Steuergesetze ändern. Zudem trägt der Beschenkte beim späteren Verkauf die Steuerlast auf Kursgewinne seit dem ursprünglichen Erwerb – oft ein kompliziertes Rechenbeispiel mit Überraschungspotenzial.

Kontrollverlust: Wer Vermögen zu früh aus der Hand gibt, riskiert den Zugriff darauf zu verlieren. Dies kann problematisch werden, wenn unerwartete finanzielle Notlagen entstehen, etwa durch Pflegebedürftigkeit oder andere kostenintensive Lebensumstände im Alter.

Familiäre Konflikte: Die vermeintlich gerechte Aufteilung des Vermögens kann zu Unstimmigkeiten führen. Was als faire Verteilung gedacht war, wird manchmal als Ungleichbehandlung empfunden – besonders, wenn sich Lebensumstände und finanzielle Situationen der Beschenkten unterschiedlich entwickeln.

Wer rechtzeitig und umsichtig regelt, wie das angesparte Vermögen weitergegeben werden soll, sorgt nicht nur für sich selbst vor, sondern auch für die nächste Generation – vorausgesetzt, alle genannten Fallstricke werden dabei berücksichtigt. (Bernhard Führer, 30.4.2025)