Finanzielle Gleichstellung in der Partnerschaft: Warum Geld kein Tabuthema sein darf
In vielen Beziehungen ist das Geld ungleich verteilt – oft verdient eine Person den Großteil des Einkommens, während die andere sich um Kinder, Haushalt oder Angehörige kümmert. Was nach einer pragmatischen Aufgabenteilung klingt, birgt ein Risiko: finanzielle Abhängigkeit. Und diese Abhängigkeit kann zur stillen Machtverschiebung in der Beziehung werden.
„Ich regel das für uns.“
Ein Satz, der beruhigen soll – aber auch zum Beginn stiller Kontrolle werden kann. Wenn einer alles zahlt und entscheidet, während der andere keinen Zugriff auf Konten hat, nicht mitreden darf und sich rechtfertigen muss, sobald es ums Geld geht, ist das kein Vertrauensbeweis. Das ist ein Warnsignal.
Was viele nicht wissen: Finanzielle Kontrolle ist eine Form von Gewalt. Sie ist leise, oft unsichtbar – und trotzdem tiefgreifend. Es geht nicht nur ums Geld. Es geht um Macht.
Wer ist betroffen?
Vor allem Frauen. Weil sie häufiger in Teilzeit arbeiten, Care-Arbeit übernehmen, beruflich zurückstecken – und dadurch wirtschaftlich schlechter abgesichert sind. Gesellschaftlich sind wir noch weit entfernt von echter Gleichstellung. Aber genau hier, auf dem Konto, fängt sie an.
Kontrolle trägt viele Masken
Finanzielle Abhängigkeit entwickelt sich oft schleichend. Nicht als offener Machtmissbrauch, sondern getarnt als Fürsorge. Als „Ich kümmere mich“, „Du musst dir keine Sorgen machen“, „Lass mich das regeln“. Doch Fürsorge ohne Mitsprache ist keine Liebe – es ist Kontrolle.
Achten Sie auf diese Warnzeichen:
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Kein Zugang zu gemeinsamen Konten
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Große Ausgaben werden allein entschieden
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Ausgaben werden kontrolliert oder begrenzt
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Nach Konflikten werden finanzielle Absprachen einseitig aufgehoben
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Es fällt schwer, nach Geld zu fragen
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Das Gefühl, finanziell in der Luft zu hängen – trotz Partnerschaft
Wenn Ihnen das bekannt vorkommt: Nehmen Sie es ernst. Das ist keine Kleinigkeit. Es geht um Ihre Selbstbestimmung.
5 Schritte in die finanzielle Unabhängigkeit
1. Eigenes Konto – kompromisslos
Jede*r braucht ein eigenes Konto. Punkt. Gemeinsame Konten können zusätzlich Sinn ergeben, aber nie als einziges Konto.
2. Drei-Konten-Modell nutzen
Ein Konto für gemeinsame Ausgaben, zwei für individuelle Freiheit. So bleibt beides klar: Verantwortung und Unabhängigkeit.
3. Finanz-Check als Routine
Setzen Sie sich regelmäßig mit Ihren Finanzen auseinander. Was kommt rein, was geht raus? Welche Posten sind fix, wo gibt es Spielraum?
4. Persönlicher Notgroschen
Drei bis sechs Monatsgehälter auf die Seite legen – nur für Sie. Nicht für „uns“. Für Ihre Sicherheit.
5. Fairer Ausgleich für Care-Arbeit
Wer beruflich zurücktritt, darf nicht leer ausgehen. Sprechen Sie mit Ihrem Partner über Ausgleichszahlungen, Rentenpunkte, Ehevertrag. Ja, auch wenn’s unromantisch klingt. Es ist notwendig.
Hilfe holen? Unbedingt.
Wer sich in einer manipulativen oder kontrollierenden Beziehung wiederfindet, sollte sich Unterstützung holen. Frauenberatungsstellen, Schuldnerberatungen oder Plattformen wie finanzielle-gewalt.de helfen diskret und professionell weiter. Es ist kein Zeichen von Schwäche, sondern von Stärke, Hilfe anzunehmen.
Wissen ist Ihre beste Währung
Finanzielle Bildung schützt. Podcasts, Bücher, Kurse – machen Sie sich vertraut mit Geldthemen. Je mehr Sie verstehen, desto selbstbewusster können Sie handeln. Und umso weniger manipulierbar werden Sie.
Vertrauen Sie sich selbst – auch beim Geld
Es geht nicht darum, dem Partner zu misstrauen. Es geht darum, sich selbst ernst zu nehmen. Zu wissen, was man wert ist. Was man verdient. Was man braucht. Finanzielle Unabhängigkeit ist kein Extra. Sie ist ein Grundrecht. Und die Basis jeder Beziehung auf Augenhöhe.