Grüne Investments: Zwischen Anspruch und Wirklichkeit

Erschienen im Standard, im Dezember 2024

Nachhaltige Investmentfonds, oft als ESG-Fonds (Environmental, Social, Governance) bezeichnet, erfreuten sich in den vergangenen Jahren wachsender Beliebtheit. Investoren legen zunehmend Wert auf ethische, soziale und ökologische Kriterien bei ihren Anlageentscheidungen. Doch trotz des positiven Trends und der guten Absichten halten nachhaltige Investmentfonds nicht immer das, was sie versprechen. Sei es, dass sie vorgeben, nachhaltig zu sein, es jedoch nicht wirklich sind (Greenwashing), oder dass sie unterdurchschnittliche Renditen erzielen. Dies wirft Fragen über die langfristige Rentabilität und Wettbewerbsfähigkeit solcher Fonds auf.

Deklarierung nachhaltiger Fonds

Nachhaltige Investmentfonds galten lange Zeit als Verkaufsschlager der Finanzbranche. In letzter Zeit sehen sich ESG-Portfolios jedoch mit zunehmendem Gegenwind konfrontiert, insbesondere aufgrund von Greenwashing-Vorwürfen. Dies zeigt sich nun deutlich in einem erheblichen Rückgang der Zahl neu aufgelegter ESG-Fonds durch die großen Marktakteure.

Dabei ist das Angebot an ESG-Fonds mit über 200 Produkten kaum überschaubar. Zur Orientierungshilfe bietet die Klassifizierung der EU-Kommission Hilfestellung, wonach Artikel-8-Fonds nachhaltige Aspekte in die Strategie der Fonds einbeziehen. Artikel-8-Fonds sind Investmentfonds, die neben ihrer üblichen Anlagestrategie auch ökologische und soziale Aspekte (ESG-Kriterien) berücksichtigen, ohne jedoch als streng nachhaltig zu gelten. Sie müssen detaillierte Informationen darüber offenlegen, wie sie diese ESG-Eigenschaften in ihrer Anlagestrategie fördern.

Artikel-9-Fonds, auch als “dunkelgrüne Fonds” bezeichnet, sind streng nachhaltige Investmentfonds, die ein explizites Nachhaltigkeitsziel verfolgen. Diese Fonds investieren ausschließlich in Projekte und Unternehmen, die strengen Nachhaltigkeitskriterien entsprechen und einen messbaren positiven Einfluss auf Umwelt oder Gesellschaft haben. Dabei hat sich die Anzahl der Artikel-9-Fonds von zehn auf derzeit sechs Fonds reduziert.

Negativ fällt auf, dass es Fonds gibt, die nicht das halten, was sie versprechen. So wirbt der Aktienfonds “X-250 Welt-Aktien” auf seiner Website mit der Einhaltung ökologischer und sozialer Kriterien. Eine nähere Prüfung offenbart jedoch, dass der Fonds in eine Reihe von Öl- und Gasunternehmen sowie Zulieferer der Rüstungsindustrie investiert. Zudem finden sich Unternehmen wie Nestlé im Portfolio, die durch Verstöße gegen den Artenschutz und potenzielle Gefährdungen indigener Völker entlang ihrer Lieferketten negativ auffallen. Nach geltendem EU-Recht sind die Praktiken und die Kommunikation des Fonds jedoch als zulässig für ESG-Fonds einzustufen.

Entwicklung der Renditen nachhaltiger Fonds

Nach einer dreijährigen Begeisterung für Anlageprodukte mit Schwerpunkt auf Umwelt-, Sozial- und Unternehmensführungsbelangen ist der Anteil neuer Fonds mit ESG-Namen in den USA und Europa gesunken. Laut einer Analyse von Morningstar Direct fiel der Anteil von einem Höchststand von 8,3 Prozent auf 3,3 Prozent, basierend auf vierteljährlichen Daten. Laut Google Trends sind Online-Suchanfragen nach “ESG-Investitionen” auf das Niveau von Mitte 2019 zurückgegangen.

Auch die Arbeiterkammer Wien hat während der vergangenen eineinhalb Jahre sämtliche nachhaltige Investmentfonds der größten Banken in Wien, Niederösterreich und Kärnten untersucht. Das Ergebnis war ernüchternd: Die meisten Banken sind in ihrer Performance weder authentisch noch transparent. Anhand zweier Beispiele lassen sich die Charakteristika und Leistungen dieser Fondstypen veranschaulichen.

  1. Erste WWF Stock Environment: Der Fonds wurde von der AK OÖ mit einem sehr hohen Score im Hinblick ESG-Kriterien ausgezeichnet. Es handelt sich dabei um einen Artikel 9 Aktienfonds.
    Beispielanlage: 10.000 Euro
    Empfohlene Haltedauer: sechs Jahre
    Gesamtkosten nach sechs Jahren: 2.927 Euro
    Jährliche Kostenbelastung: 2,5 Prozent
    Rendite seit Jänner 2021 circa minus 50 Prozent; Vergleich zum gesamten Markt: plus 35 Prozent
  2. Der Ethius Global Impact – Anteilklasse Privat ist ein Artikel-9-Aktienfonds mit einem klaren Fokus auf nachhaltige Investments. Trotz seines Anspruchs, nachhaltige Renditen zu erzielen, lag die Performance mit rund minus 0,8 Prozent seit März 2021 deutlich hinter dem Gesamtmarkt (plus 36 Prozent). Bei einer Beispielanlage von 10.000 Schweizer Franken und einer empfohlenen Haltedauer von vier Jahren betragen die Gesamtkosten 1.325 Schweizer Franken (entspricht einer jährlichen Kostenbelastung von 3,1 Prozent).

Berücksichtigt man zusätzlich Steuern, Inflation, Gebühren und Ausgabeaufschläge, fallen die Renditen noch schlechter aus als dargestellt. Die Auswertungen zeigen, dass man schnell auf dem falschen Fuß erwischt werden kann, wenn man seine “Hausaufgaben” nicht macht. Fehler wie der Verkauf und Broker durch denselben Anbieter oder die Investition in hauseigene Fonds (sprich mangelnde Unabhängigkeit) spielen hierbei eine Rolle.

Sektorale Konzentration: Viele nachhaltige Fonds sind stark in Sektoren wie erneuerbare Energien, Technologie und Gesundheitswesen investiert, was den Handlungsspielraum eingeschränkt.

Marktvolatilität: Die allgemeine Marktunsicherheit, bedingt durch geopolitische Spannungen und wirtschaftliche Herausforderungen, hat die Aktienmärkte weltweit belastet. Nachhaltige Fonds, die oft weniger diversifiziert sind, könnten hierdurch stärker betroffen sein.

Regulatorische Veränderungen: Strengere Vorschriften und Berichtspflichten im ESG-Bereich haben die Betriebskosten für nachhaltige Fonds erhöht. Dies könnte zu einer geringeren Netto-Rendite führen, da Kosten an Anleger weitergegeben werden können.

Vergleich von nachhaltigen und konventionellen Fonds

Einer der größten Vermögensverwalter ist BlackRock mit dem CEO Larry Fink an der Spitze. Nachdem er sich jahrelang dafür eingesetzt hat, dass Investmentfonds und Unternehmen Umwelt-, Sozial- und Governance-Faktoren berücksichtigen, hat Larry Fink diese Buchstaben aus seinem Wortschatz gestrichen.

Er versuchte, die Macht von BlackRock als Verwalter von Millionen von Investoren zu nutzen, um Unternehmen zu einer klimafreundlichen Politik zu bewegen und sie dazu zu drängen, die sozialen Auswirkungen ihrer Geschäfte offenzulegen. Er argumentierte lange, dass der weltweit größte Vermögensverwalter und seine Konkurrenten gleichzeitig Geld verdienen und die Welt zu einem besseren Ort machen könnten. Im Jahr 2024 erwähnt der Vorstandsvorsitzende die Abkürzung (ESG) nicht mehr in öffentlichen Briefen und Kommentaren. Das könnte darauf hindeuten, dass ESG nicht mehr die Bedeutung zukommt, die es einst hatte.

Trotz dieser aktuellen Performance-Probleme können entsprechende Renditen erzielt werden. Blickt man auf breit gefächerte Indices wie den MSCI ACWI SRI Index, so waren diese durchaus in der Lage den breiten Markt zu schlagen. Andere nachhaltige Fonds wie der Erste WWF Stock Environment mussten in den vergangenen Jahren Rückschläge von annähernd 50 Prozent hinnehmen – sehr zum Leidwesen der Anleger. Darüber hinaus kann der Fonds seit Auflage kaum mit der Inflation Schritt halten. Dies zeigt, dass die Bandbreite der zu erwartenden Renditen sehr groß ist.

Zukunftsaussichten

Während die kurzfristige Performance von nachhaltigen Investmentfonds enttäuschend sein mag, gibt es mehrere Gründe, optimistisch zu bleiben:

Langfristige Trends: Der Übergang zu einer nachhaltigeren Wirtschaft und der Druck auf Unternehmen, ESG-Praktiken zu verbessern, dürfte langfristig positive Effekte auf die Performance nachhaltiger Fonds haben.

Innovationen und Technologien: Fortschritte in den Bereichen erneuerbare Energien, grüne Technologien und nachhaltige Praktiken könnten zu neuen Wachstumschancen führen.

Regulatorische Unterstützung: Die Europäische Union und nationale Regierungen unterstützen zunehmend nachhaltige Investitionen durch Anreize und Förderprogramme.

Fazit

Ich denke, die Debatte darüber, ob ESG-Investitionen höhere oder niedrigere Renditen als konventionelle Investitionen bringen, wird nie enden. Der wahre Kern des Problems dieser Debatte ist, dass Nachhaltigkeitskriterien erst über die letzten Jahre wirklich an Bedeutung gewannen und es für diesen “Faktor” bislang keine lange zurückreichenden Daten gibt, wie im Falle konventioneller Investitionen.

Möchten Anleger sicherstellen, dass es sich um einen wahren nachhaltigen Fonds handelt, so können Artikel-9-Fonds ins Auge gefasst werden. Angesichts der dargestellten Renditen – teilweise Verluste von bis zu 50 Prozent bei gleichzeitigem Anstieg des Gesamtmarktes – sollten neben der Nachhaltigkeit auch andere Kriterien berücksichtigt werden, um akzeptable Renditen zu erzielen. Trotz dieser Herausforderungen bleibt das langfristige Potenzial dieser Fonds vielversprechend, da der Trend zu nachhaltigem Investieren und die Unterstützung durch Regierungen und Gesellschaft weiter anhalten wird. Anleger sollten sich jedoch der Risiken bewusst sein, aber auch die Chancen langfristiger Nachhaltigkeit berücksichtigen. (Bernhard Führer, 19.12.2024)