Lohnt sich Immobilienbesitz in Österreich?
Warum der Traum vom Eigenheim nicht immer die beste Finanzentscheidung ist und welche Alternativen es gibt
Erschienen im Standard, im Februar 2025
Im Gastblogbeitrag schreibt Vermögensverwalter Bernhard Führer über die finanziellen Chancen und Risiken von Immobilien in Österreich und beleuchtet, ob der Kauf eines Eigenheims oder einer Mietwohnung langfristig die bessere Entscheidung ist.
Der Traum vom Eigenheim ist für viele Österreicherinnen und Österreicher ein zentrales Lebensziel. Doch zwischen Wunsch und Wirklichkeit klafft oft eine erhebliche Lücke, insbesondere wenn wirtschaftliche Faktoren, Finanzierungskosten und langfristige Verpflichtungen nicht ausreichend berücksichtigt werden.
Langfristiges Investment mit Kosten
Der Kauf einer Immobilie gehört zu den größten finanziellen Entscheidungen im Leben. Dabei wird oft übersehen, dass ein Eigenheim – sofern es nicht vermietet wird – keine direkte Einnahmequelle darstellt. Vielmehr verursacht es laufende Kosten für Instandhaltung, Sanierung und Steuern, ohne zusätzlichen Ertrag zu generieren. Dennoch betrachten viele Immobilienbesitzer den Erwerb eines Hauses oder einer Wohnung als eine der besten Investitionen ihres Lebens.
In Österreich ist ein erheblicher Teil des privaten Vermögens in Immobilien gebunden. Dies zeigt sich besonders im Rentenalter: Viele Pensionisten besitzen den Großteil ihres Vermögens in Form von Wohneigentum. Doch der Glaube, dass ein Eigenheim automatisch eine rentable Investition sei, hält einer genaueren Analyse nicht immer stand. Zwar sind die Immobilienpreise in den vergangenen Jahrzehnten gestiegen, doch nach Abzug von Inflation, Instandhaltungskosten und Finanzierungsausgaben bleibt die tatsächliche Rendite oft hinter den Erwartungen zurück und auch 2025 dürften die Immobilienpreise überwiegend stagnieren.
Vergleich mit anderen Anlageformen
Viele Immobilienkäufer unterschätzen die Opportunitätskosten ihres Investments. Jeder Euro, der in eine Immobilie fließt, kann nicht in andere Anlageformen wie Aktien oder Anleihen investiert werden. In vielen Fällen erzielen Kapitalmarktinvestitionen langfristig höhere Renditen als die Wertsteigerung einer Immobilie.
Zudem gehen mit dem Kauf erhebliche Nebenkosten einher: Grunderwerbsteuer, Notargebühren und Finanzierungskosten summieren sich oft auf zehn Prozent oder mehr des Kaufpreises. Ein weiteres Risiko ist die geringe Liquidität von Immobilien. Während Wertpapiere jederzeit verkauft werden können, ist der Verkauf einer Immobilie mit erheblichem Zeit- und Kostenaufwand verbunden. Berücksichtigt man außerdem die laufenden Kosten, liegen die realen Renditen von Wohnimmobilien in Österreich häufig unterhalb der Inflation.
Niedrige Zinsen und steigende Preise
Der österreichische Immobilienmarkt hat sich in den vergangenen Jahren stark gewandelt. Während niedrige Zinsen den Immobilienerwerb erleichtert haben, sind gleichzeitig die Kaufpreise stark gestiegen. Besonders in Städten wie Wien, Salzburg und Innsbruck sind die Preise für Wohneigentum in den letzten Jahren rasant geklettert.
Trotz dieser Entwicklung investieren viele Anleger weiterhin in Zinshäuser und Eigentumswohnungen, da Immobilien als “sicheres Betongold” gelten. Doch häufig werden die realen Renditen nicht kritisch hinterfragt. Angesichts hoher Kaufpreise liegt die Mietrendite oft nur bei ein bis zwei Prozent – ein Wert, der häufig nicht einmal die Inflation ausgleicht.
Mieten oder Kaufen? Eine Frage der Flexibilität
Der Kauf einer Immobilie lohnt sich in der Regel nur, wenn man langfristig an einem Ort bleibt und steigende Preise die hohen Erwerbskosten kompensieren. Zwar sind auch die Mieten in Österreich gestiegen, doch Mieter profitieren von einer flexibleren Kostenstruktur. Sie müssen weder hohe Erwerbsnebenkosten noch Instandhaltungsaufwendungen tragen, was langfristig erhebliche finanzielle Vorteile bringen kann.
Allerdings ist die Entscheidung zwischen Miete und Kauf nicht nur eine finanzielle Frage. Auch persönliche Lebensumstände, berufliche Mobilität und familiäre Pläne spielen eine zentrale Rolle. Viele Menschen bewerten den emotionalen Wert eines Eigenheims höher als dessen finanzielle Rentabilität.
Immobilien als Geldanlage: Chancen und Risiken
In den vergangenen Jahren haben niedrige Zinsen sowohl private als auch institutionelle Anleger in den Immobilienmarkt gelockt. Die Preise sind auf Rekordniveau: In Österreich liegt der durchschnittliche Quadratmeterpreis inzwischen bei über 5.000 Euro. Eine 70-Quadratmeter-Wohnung kostet durchschnittlich das Elffache eines Jahresbruttogehalts – ein Spitzenwert im europäischen Vergleich.
Trotz steigender Preise bleibt die Nachfrage nach Immobilien hoch. Doch die geringen Mietrenditen stellen eine Herausforderung für Investoren dar. Während Eigentumswohnungen an Wert gewinnen, sind die Mieten – insbesondere im geförderten Wohnbau – vergleichsweise stabil geblieben. Dadurch sinkt die Rentabilität für Vermieter. Zudem bleibt das Risiko von Preisrückgängen und Marktverwerfungen bestehen. Immobilien gelten zwar als inflationssichere Sachwerte, doch hohe Erwerbskosten, langfristige Kapitalbindung und gesetzliche Regulierungen können die Ertragschancen erheblich einschränken.
Wertsteigerung: Mehr Schein als Sein?
Die Wertsteigerung von Immobilien wird oft überschätzt. Langfristig steigen die Preise in Österreich durchschnittlich um ein bis zwei Prozentpunkte pro Jahr über der Inflationsrate. Dieser Anstieg wirkt auf den ersten Blick attraktiv, doch er relativiert sich bei genauerer Betrachtung. Große Renovierungen sind häufig keine Investitionen, sondern reine Ausgaben.
Haupttreiber der Wertsteigerung ist in den meisten Fällen nicht die Immobilie selbst, sondern der steigende Grundstückspreis. Da Bauland begrenzt ist und die Bevölkerung wächst, steigen die Preise für Grundstücke kontinuierlich. Wer jedoch eine Immobilie als Investition betrachtet, sollte die realen Ertragschancen nüchtern bewerten.
Die individuelle Situation entscheidet
Immobilien gelten als sichere Wertanlage, doch sie sind nicht per se weniger riskant als andere Investitionen. Auch hier gibt es Risiken: Baumängel, Leerstand, gesetzliche Änderungen oder Marktschwankungen können den Wert beeinflussen. Zudem setzen viele Anleger ihr gesamtes Kapital auf eine einzige Immobilie, anstatt es breit zu streuen.
Angesichts veränderter Lebensmodelle, hoher Kaufpreise und der langfristig begrenzten Renditen kann Mieten nicht nur kurzfristig, sondern auch langfristig eine wirtschaftlich sinnvolle Alternative sein. Wer jedoch alle Alternativen sorgfältig abwägt und realistische Ziele verfolgt, kann auch mit Immobilien eine stabile Wertanlage aufbauen.
Letztlich bleibt die Entscheidung zwischen Mieten und Kaufen individuell. Immobilien bieten Schutz vor Inflation, sind aber nicht zwangsläufig die beste Kapitalanlage. Die steigenden Preise und niedrigen Renditen erschweren es zunehmend, mit Wohnimmobilien hohe Gewinne zu erzielen. Umso wichtiger ist eine fundierte Analyse aller Alternativen sowie eine realistische Einschätzung der Opportunitätskosten. (Bernhard Führer, 25.2.2025)
Bernhard Führer ist Gründer und Leiter der unabhängigen Vermögensplanungsgesellschaft Strategy & Plan sowie der Vermögensverwaltung TKA Funds, Autor, Dozent und Betriebswirt. Der Artikel erscheint ebenfalls auf seinem Corporate-Blog “Daily Economist”.
Quellen
Nebenkosten beim Wohnungs- und Grundstückskauf
Statistik Austria: Immobilien
Executive business: Österreich hat die höchsten Immobilienpreise im Europa-Vergleich
Kurier: Immobilien sind in Österreich im internationalen Vergleich sehr teuer
Fressler, P. Mooslechner, P., Schürz, M. (2010). Immobilienerbschaften in Österreich.