Mehr Geld im Alter: Strategie für eine Zusatzpension

Erschienen im Standard, im November 2024

Immer mehr Menschen entscheiden sich für eine private Altersvorsorge mit Fonds oder ETFs, doch oft bleibt die Frage offen, wie man aus den angesparten und investierten Beträgen eine zusätzliche Rente generieren kann. Der Trend hin zur privaten Vorsorge ist nicht nur auf den demografischen Druck zurückzuführen, sondern auch auf die veränderte politische Interpretation wirtschaftlicher und demografischer Faktoren.

Bedarf an privater Vorsorge

Nach den jüngsten Daten beläuft sich die durchschnittliche Bruttopension von Frauen auf 1313 Euro pro Monat, während Männer im Schnitt 2229 Euro erhalten. Damit liegt die Differenz zwischen den Durchschnittspensionen der Geschlechter bei rund 900 Euro. Zudem müssen Frauen und Männer beim Eintritt ins Pensionsalter derzeit mit einem Verlust von etwa 600 Euro im Vergleich zu ihrem letzten Einkommen rechnen. Immer mehr Menschen suchen deshalb nach zusätzlichen Einkommensquellen über das Erwerbsleben hinaus.

Dabei zeigt sich in Österreich ein Trend zur fondsbasierten Altersvorsorge. Laut einer Studie von extraETF im Auftrag von Black Rock ist Österreich der zweitgrößte Markt für ETF-Sparpläne in Kontinentaleuropa. Die Beliebtheit von fondsbasierten Lösungen beziehungsweise ETF-Sparplänen nimmt hierzulande stetig zu, wobei bereits jeder dritte Österreicher in diese Anlageform investiert. Für die Auszahlungsphase gewinnen Entnahmepläne daher in Österreich immer mehr an Relevanz. Diese ermöglichen es Anlegern, ihr angespartes Kapital systematisch zu entnehmen, entweder mit Kapitalverzehr über einen festgelegten Zeitraum oder durch Entnahme der Erträge bei vollem Kapitalerhalt.

Ein Gewinn fürs Unternehmen

Grundlegende Überlegungen zu Auszahlpläne

Auszahlpläne funktionieren im Grunde wie Sparpläne – nur in umgekehrter Richtung. Allerdings ist das Angebot in Österreich noch überschaubar. Dennoch möchten immer mehr Menschen ihre Depots für eine private Zusatzrente nutzen. Eine der wichtigsten Entscheidung besteht darin, ob ein Teil des Vermögens erhalten bleiben soll oder vollständig verbraucht wird. Diese Frage bestimmt sowohl die Höhe der Rente als auch die Anlagestrategie.

Die Gestaltung eines Entnahmeplans ist dabei eine individuelle Entscheidung, die vor allem von der Risikobereitschaft abhängt. Ein ausgewogenes Depot, das auch im Alter fondsbasierte Lösungen beziehungsweise Aktien-ETFs enthält, ist unerlässlich, um Renditen zu erzielen und die Inflation auszugleichen. Um die Kaufkraft der zusätzlichen Pension zu sichern, empfiehlt es sich daher, die jährlichen Auszahlungen um etwa zwei bis drei Prozent zu erhöhen, entsprechend der durchschnittlichen Inflationsrate seit den 1990er-Jahren (mit entsprechenden Anpassungen).

Varianten von Auszahlplänen

Es gibt zwei Hauptansätze für die Gestaltung eines Entnahmeplans:

  1. Das Vermögen wird schrittweise aufgebraucht: Hierbei wird das angesparte Kapital über einen bestimmten Zeitraum konsumiert. Eine bewährte Methode ist die sogenannte Etappenstrategie: Das Vermögen wird in zwei Hälften geteilt. Die erste Hälfte deckt die Lebenshaltungskosten der kommenden zehn Jahre und wird konservativ in Anleihen oder Festgeld angelegt. Das zweite Segment bleibt langfristig investiert, meist in fondsbasierten Lösungen beziehungsweise Aktien-ETFs, um weitere Erträge zu generieren.
    Ein weiteres Modell ist die klassische Pensionsversicherung, bei der das Geld garantiert bis ans Lebensende ausgezahlt wird. Allerdings sind die Renditen solcher Polizzen durch den Fokus auf sichere Anleihen häufig begrenzt, und die Kosten liegen vergleichsweise hoch.
  2. Das Vermögen bleibt (teilweise) erhalten: Soll das Kapital erhalten bleiben, erfolgt die Auszahlung ausschließlich aus den Erträgen wie Wertsteigerungen, Dividenden oder Zinsen. Dabei fallen die Pensionsbeträge naturgemäß geringer aus. Auch hier kann die Etappenstrategie angepasst werden: Ein Drittel des Kapitals wird für kurzfristige Ausgaben bereitgehalten, während die übrigen zwei Drittel in wachstumsstarke Anlagen wie Aktien-ETFs fließen. Diese Strategie erfordert jedoch eine regelmäßige Überprüfung und Anpassung, um Kursgewinne rechtzeitig in sicherere Anlageformen umzuschichten.
    Eine weitere Option wäre mit ausschüttenden fondsbasierten Lösungen, Aktien beziehungsweise einem Dividenden-ETF-Portfolio, bei dem die regelmäßigen Ausschüttungen einen monatlichen Einkommensfluss gewährleisten. Wichtig bei Aktien ist dabei, dass auf Unternehmen gesetzt wird, die ihre Dividenden stabil halten oder erhöhen.

Flexibilität und Kosten von Entnahmeplänen

Auszahlpläne bieten Flexibilität: Es muss nicht immer eine feste Summe sein, auch prozentuale Entnahmen, die je nach Marktentwicklung variieren, sind möglich. Dennoch fallen Kosten an. Vor allem der Verkauf von Wertpapieren kann Gebühren verursachen. Es empfiehlt sich daher, Auszahlungen seltener, etwa quartalsweise oder jährlich, vorzunehmen, um Kosten zu minimieren. Alternativ kann das Geld für kurzfristige Ausgaben auf einem Tagesgeldkonto bereitgehalten werden, wo keine zusätzlichen Gebühren anfallen. Zusammenfassend bieten Auszahlpläne eine praktikable Lösung, um das angesparte Vermögen systematisch in eine Zusatzpension umzuwandeln. Der Erfolg hängt jedoch von einer durchdachten Planung, steuerlichen Konsequenzen, der individuellen Risikobereitschaft und der Auswahl der richtigen Anlagestrategie ab. (Bernhard Führer, 21.11.2024)