Traum oder Wirklichkeit? Wie viel Eigenheim ist drin?

Erschienen im Standard, im Juli 2025

Die Zeiten günstiger Bauzinsen sind vorerst vorbei. Wer heute in Österreich eine Immobilie erwerben möchte, muss tiefer in die Tasche greifen als noch vor wenigen Jahren. Für Wohnhäuser mussten Käufer im Jahr 2024 im Schnitt 2.709 Euro je Quadratmeter zahlen, während sich die Immobilienpreise seit 2010 mehr als verdoppelt haben. Doch muss man sich davon nicht entmutigen lassen: Ein Eigenheim kann immer noch zur Realität werden, obwohl sich die Rahmenbedingungen in den vergangenen Jahrzehnten verändert haben.

Die Kaufpreise

Im Jahr 2024 gingen die Kaufpreise für Häuser und Wohnungen in Österreich laut Statistik Austria im Vergleich zum Vorjahr durchschnittlich um 0,2 Prozent geringfügig zurück. Käufer von neuen Häusern und Wohnungen mussten 2024 im Schnitt um 2,7 Prozent mehr bezahlen als 2023, während bestehende Wohnimmobilien um 1,5 Prozent weniger kosteten. Diese Entwicklung bietet Käufern neue Chancen, vor allem, wenn sie gebrauchte Immobilien in Betracht ziehen.
Die gute Nachricht: Mit über zwei Milliarden Euro fördert Österreich nachhaltigen, leistbaren Wohnraum durch das Konjunkturpaket für den Wohnbau 2024/2025. Erstmalige Eigenheimkäufer profitieren von einem reduzierten Zinssatz von 1,5 Prozent auf bis zu 200.000 Euro Kreditsumme.

Finanziellen Rahmen definieren

Bevor man sich in Immobilienportale vertieft, sollte man seine finanzielle Ausgangslage ehrlich analysieren. Eine detaillierte Haushaltsrechnung sollte erstellt werden, die alle monatlichen Ausgaben erfasst:

  • Fixkosten berücksichtigen: Neben der aktuellen Miete zählen dazu Lebensmittel, Kleidung, Versicherungen, Mitgliedsbeiträge und Freizeitausgaben. Unregelmäßige Ausgaben wie Urlaubsreisen oder die Klassenfahrt der Kinder sollten dabei nicht vergessen werden.
  • Die Zehn-Prozent-Regel: Eine zusätzliche Sicherheitsreserve von zehn Prozent des Nettoeinkommens sollte eingeplant werden. Diese schützt vor unvorhergesehenen Ereignissen wie Arbeitslosigkeit oder Krankheit.

Praxisbeispiel: Familie XY verdient netto 4.500 Euro monatlich. Nach Abzug aller Lebenshaltungskosten (3.200 Euro) und der Sicherheitsreserve (450 Euro) bleiben 850 Euro für die Immobilienfinanzierung übrig.

Die Eigenkapitalanforderungen in Österreich sind strenger geworden. Die KIM-Verordnung ist formal per 30. Juni 2025 ausgelaufen, aber die Kreditvergaberegeln bleiben als “dringende Empfehlung” bestehen. Käufer müssen sich darauf einstellen, weiterhin 20 Prozent Eigenkapital mitzubringen – aber 30 Prozent sind empfehlenswert, um bessere Zinsen zu erhalten und die Zinslast zu reduzieren.

Was zählt als Eigenkapital?

  • Bankguthaben und Festgeld
  • Bausparverträge und Lebensversicherungen
  • Wertpapierdepots (mit Sicherheitsabschlag)
  • Bestehende Immobilien
  • Familienhilfe (rechtlich klar geregelt)

Wenn Eltern oder Schwiegereltern finanziell unterstützen, ist vorab abzuklären, ob es eine Schenkung, ein zinsloses Darlehen oder eine vorgezogene Erbschaft ist. Notarielle Vereinbarungen vermeiden späteren Streit.

Nebenkosten realistisch kalkulieren

Im Schnitt betragen die Kaufnebenkosten für eine Wohnung oder ein Haus in Österreich rund zehn Prozent des Kaufpreises. Diese setzen sich zusammen aus:

  • Grunderwerbsteuer: Die Grunderwerbsteuer in Österreich beträgt 3,5 Prozent des Kaufpreises. Bei einem Haus um 400.000 Euro sind das bereits 14.000 Euro.
  • Grundbuch und Notar: Für die Eigentumsübertragung fallen etwa 1,5 bis 2 Prozent des Kaufpreises an – bei unserem Beispiel weitere 6.000 bis 8.000 Euro.
  • Maklerprovision: Wird ein Makler beauftragt, kommen drei bis vier Prozent (inklusive Mehrwertsteuer) dazu. Das sind bei 400.000 Euro zwischen 12.000 und 16.000 Euro.

Rechenbeispiel: Für eine Immobilie um 400.000 Euro sollte mit Nebenkosten zwischen 32.000 und 38.000 Euro gerechnet werden.

Tipp: Das neue Konjunkturpaket bietet Gebührenbefreiungen für Wohneigentum bis 500.000 Euro Kaufpreis, was Nebenkosten deutlich reduzieren kann.

Realistische Rate finden

Die goldene Regel lautet: Die neue Monatsrate sollte maximal 40 Prozent des Nettoeinkommens betragen. Als Orientierung dient die bisherige Nettokaltmiete – idealerweise sind 20 bis 30 Prozent mehr einzuplanen. Je höher getilgt wird, desto schneller ist man schuldenfrei. Ein Beispiel:

  • Kredit: 400.000 Euro
  • Zinssatz: vier Prozent
  • Monatliche Rate: 1.890 Euro, Laufzeit 30 Jahre
  • Monatliche Rate: 2.200 Euro, Laufzeit 23 Jahre

Die höhere Tilgung spart sieben Jahre Laufzeit und über 50.000 Euro Zinsen.

Kosten nicht unterschätzen

Gerade bei Bestandsimmobilien summieren sich Renovierungs- und Modernisierungskosten schnell auf 30.000 bis 80.000 Euro. Typische Maßnahmen:

  • Energetische Sanierung: Heizungstausch (15.000 bis 25.000 Euro), Dämmung (20.000 bis 40.000 Euro), neue Fenster (15.000 bis 30.000 Euro)
  • Innenausstattung: Küche (15.000 bis 35.000 Euro), Badezimmer (10.000 bis 25.000 Euro), Böden (5.000 bis 15.000 Euro)

Für energetische Sanierungen gibt es Förderungen von Bund und Ländern sowie geförderte Kredite. Am besten informiert man sich vor Kaufabschluss über verfügbare Programme.

Eigenkapitalaufbau

Viele Haushalte scheitern nicht am Willen, sondern an der Lücke zwischen Immobilienpreisen und real verfügbaren Einkommen. Ein wichtiger Aspekt, der beim Thema Eigenkapitalaufbau oft übersehen wird: Für viele Österreicherinnen und Österreicher ist das Eigenheim vor allem deshalb erreichbar, weil sie Vermögen erben oder Schenkungen erhalten. Laut einer aktuellen Analyse auf Basis des Household Finance and Consumption Survey (HFCS) beträgt das durchschnittliche Erbe in Österreich 141.900 Euro. Inklusive Schenkungen liegt der durchschnittliche Transfer sogar bei 159.200 Euro. Besonders bei höheren Erbschaften in der Mittelschicht handelt es sich häufig um Immobilien oder Anteile daran, wie etwa den elterlichen Hauptwohnsitz.

Rund die Hälfte aller Haushalte besitzt jedoch gar kein Vermögen. Sie sind es, die auch zur Miete wohnen und deshalb sowohl von der Teuerung als auch den stark steigenden Wohnkosten besonders betroffen sind. Die höheren Eigenkapitalanforderungen machen dies nicht einfacher und bedeuten kombiniert mit stagnierenden Reallöhnen: Wer heute keine 80.000 bis 150.000 Euro “auf der hohen Kante” hat, muss langfristig planen.

Beispiel: Familie XY wollen in zehn Jahren ein Haus kaufen. Ihnen fehlen aktuell rund 80.000 Euro an Eigenkapital (Immobilie im Wert von 600.000 Euro bei 20 Prozent Eigenkapitalvorgabe; 40.000 Euro Eigenkapital vorhanden). Der Plan: Auf Basis ihres Anlageziels, ihrer Schwankungsbreite und ihres Anlagehorizonts legen sie monatlich 500 Euro an (bei einer durchschnittlichen Rendite von fünf Prozent im Jahr nach Kosten und vor Steuer). Parallel sparen sie weitere 200 Euro konservativ auf ein Tagesgeldkonto – für kurzfristige Sicherheit. Nach zehn Jahren stehen ihnen durch Zinseszins rund 140.000 Euro zur Verfügung).

Marktlage nutzen

Die aktuelle Situation am österreichischen Immobilienmarkt bietet durchaus Chancen. Für das vierte Quartal 2024 zeigt sich, dass der Gesamtindex für Wohnimmobilien im Jahresvergleich gestiegen ist (1,7 Prozent gegenüber Q4 2023), und es gibt Hinweise auf eine Stabilisierung im Segment bestehender Wohnungen. Der richtige Zeitpunkt für Verhandlungen mit Verkäufern kann somit gekommen sein. Wenngleich auch steigende Preise, strengere Eigenkapitalvorgaben und höhere Zinsen den Markt anspruchsvoller machen, kann aus einer vagen Idee immer noch ein konkreter Plan werden – und aus dem Traum vom Eigenheim vielleicht bald ein Zuhause.

Was meinen Sie?

Ist der Traum vom Eigenheim in Österreich 2025 noch realistisch – oder mittlerweile ein Privileg für wenige? Wie viel Immobilie könnten Sie sich aktuell leisten – und woran scheitert es vielleicht noch? Sehen Sie die aktuellen Immobilienpreise als Chance oder warten Sie noch auf einen weiteren Rückgang? Was braucht es, dass sich wieder mehr Menschen ein Eigenheim leisten können? (Bernhard Führer, 2.7.2025)